Traditionell werden in der Schweiz am 1. August vielerorts Feuerwerksköper gezündet. Dabei kommt es immer wieder zu Unfällen. Augenverletzungen gehören leider oft auch dazu. Weshalb im Umgang mit Feuerwerkskörpern besondere Vorsicht geboten ist, wie Augenverletzungen vermieden werden, und was im Fall einer Verletzung zu tun ist, erklärt Prof. Dr. med. Christoph Kniestedt, Präsident der Schweizerischen Ophthalmologischen Gesellschaft (SOG), im Interview.
Gefährlich sind die Verletzungen durch Feuerwerksköper vor allem deswegen, weil diese im Unterschied zu kleineren Bällen oder den kontrovers diskutierten Gummigeschossen über eine grosse Distanz nicht an Wucht verlieren. Selbst wenn man 50m weit entfernt steht, nimmt die Wucht nicht ab, da der Feuerwerkskörper für weitaus grössere Distanzen gedacht ist. Die American Academy of Ophthalmology empfiehlt für Zuschauer eine Distanz von mindestens 150m zum Feuerwerkskörper. In der Realität wird so ein Abstand selten eingehalten, und eine Schutzbrille wird nicht konsequent eingesetzt, auch wenn dies vor allem für die an der Zündung Beteiligten empfohlen wird.
Wenn der Feuerwerkskörper das Auge erreicht, besitzt er meist einen Umfang, der kleiner ist als die Augenhöhle. Das ist ähnlich wie bei einem Gummigeschoss. Die Knochen können daher keine Schutzfunktion bieten, sondern die ganze Wucht des Fremdkörpers geht direkt aufs Auge. Dabei entstehen gefährliche Verletzungen bis hin zu Rissen und Durchbrüchen (Perforationen) des Auges.
Unterschieden werden Verletzungen durch Feuerwerkskörper an den Personen, welche die Feuerwerkskörper entzünden und Verletzungen bei Zuschauern. Die Verletzungen durch sogenannte Querschläger sind oft sehr schwer und gemäss Studien auch häufiger. Die Zuschauer sind im Unterschied zur anzündenden Person nicht darauf gefasst und haben keine Zeit, sich rechtzeitig zu schützen oder zu entfernen.
Unterschätzt werden auch die Verletzungen, die durch sogenannte Kleinstfeuerwerke wie bengalische Zündhölzer oder Bodenfeuerwerke wie die sogenannten Vulkane entstehen können. Hier handelt es sich nicht um Hochgeschwindigkeitstraumata, sondern um Verbrennungen. Die Verbrennungen betreffen dabei meistens nicht nur die Augen. Auch beim Entzünden solcher Feuerwerkskörper empfiehlt es sich, Schutzbrillen zu tragen.
Am einfachsten und sichersten ist es, selber nichts zu machen und auf keinen Fall am Auge zu manipulieren. Im Unterschied zu Verletzungen wie z.B. bei Spritzern von Säuren, die man akut ausspülen muss, kann bei Verletzungen durch Feuerwerksköper der Schaden durch eigene Massnahmen eventuell noch verschlimmert werden.
Bei einem perforierenden Trauma, bei dem ein Fremdkörper im Auge steckt, sollte der Fremdkörper im Operationssaal durch den Fachmann entfernt werden. Auch von eigenhändigem Auswaschen und/oder Reiben ist dringend abzuraten. Durch das Auswaschen können zusätzliche Verschmutzungen ins Auge gelangen, welche dann zu Infektionen führen können. Oft ist es auch so, dass bei Perforationen Gewebe aus dem Auge heraustritt. Durch Reibung oder durch Auswaschen entsteht dabei eventuell noch mehr Schaden.
Die Augen sollte man deshalb locker und ohne jeglichen Druck mit Gaze zudecken und sich sofort zu einer Fachperson begeben. Wenn ein Fremdkörper im Auge steckt oder Gewebe heraustritt, sollte man beide Augen, auch das nicht betroffene, zudecken. Dies verringert die Augenfolgebewegungen des betroffenen Auges. Oft erbrechen die Verletzten oder sie kollabieren sogar. In einer solchen Situation sollte man die Ambulanz rufen.
Grundsätzlich wird für jede Art von Augenverletzung ein Augenarzt oder eine Augenärztin, meist mit chirurgischer Zusatzausbildung benötigt. Dieser sollte den Patienten oder die Patientin in kürzester Zeit sehen. Wenn die Ambulanz ein Trauma durch ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss, wie zum Beispiel ein Feuerwerkskörper erkennt, wird der augenärztliche Dienst einer tertiären Zentrumsklinik kontaktiert.
Aber auch für weniger gefährlichere Verletzungen muss eine Augenärztin oder ein Augenarzt hinzugezogen werden. Da auch bei einer mutmasslich oberflächlichen Verletzung eine Ruptur erst durch qualifiziertes Fachpersonal ausgeschlossen werden kann.